Nach langer Zeit nochmal ein Lebenszeichen von mir. Seit dem letzten Blogeintrag ist viel passiert.
Nach der Wanderung im Torres del Paine Nationalpark habe ich mich erstmal etwas erholt bevor es weiter nach Norden, wieder nach Argentinien ging.
Die nächsten Tage geht es wieder durch endlose Steppe nach Calafate. Der Seitenwind ist so stark, dass ich mein Rad selbst bei Geschwindigkeiten von maximal 8km/h nicht kontrollieren kann. Als der Wind mich dann aus dem Stand und mit Händen am Lenker einfach umpustet, hilft nur noch ein Sprung in den trockenen Straßengraben. Mein Rad purzelt mir hinterher und ich beschließe dass es so keinen Sinn mehr hat. Erst als sich der patagonische Wind abends um 21 Uhr etwas beruhigt hat, fahre ich weiter. Um 1 Uhr lege ich mich dann nur mit Isomatte und Schlafsack über offenem Sternenhimmel schlafen.
Am nächsten Tag geht’s dann auch endlich nach Calafate. Nach ein paar überbordenden Mahlzeiten mit selbstgemachten Sandwichen, geht es zwei Tage später in den südlichen Teil des Nationalparks „Los Glaciares“ (dt. die Gletscher).
Dort mache ich im wenig besuchten südlichsten Teil eine Tageswanderung auf einen Aussichtsberg, von dem aus ich sowohl den berühmten Perito Moreno Gletscher im Norden und das Torres del Paine Massiv im Süden wiedersehe. Ansonsten stoße ich beim Aufstieg noch auf schöne kleine Bergorchideen.
Dann geht es von dort zum weltberühmten Perito Moreno Gletscher. Dieser ist mit einer Abbruchkante von 5km Breite und 60m Höhe nicht nur riesig, sondern vor allem laut. Von der Halbinsel auf die sich der Gletscher draufschiebt, kommt man dem ganzen sehr nahe. So sieht und vor allem hört man gut wie immer wieder unter explosionsartigem Lärm Eisbrocken bis zu der Größe eines Hochhauses abbrechen und in der Gletscher in den See kalben.
Mittags mit dem Rad auf der 40km langen Stichstraße angekommen (22 Euro Eintritt gezahlt), hatte ich mir eigentlich vorgenommen mich abends wieder auf den Rückweg zu machen und außerhalb der Nationalparkgrenzen ungestört wild zu zelten. Da sich meine Lust dazu in Grenzen hält setze ich mich vor das schon geschlossenem Luxuscafe und nutze deshalb das blitzschnelle freie WLAN um mein Fotobackup in die Cloud nachzuholen. Ich warte bis es dunkel ist und auch die Parkranger in ihrer Hütte verschwunden sind. Dann mache ich mich im Mondlicht mit meinem Rucksack und viel Essen auf den Weg zu Rück zum am Aussichtspunkt, wo ich eine geniale Nacht nur mit Schlafsack und Isomatte direkt am Gletscher verbringe.
Waren die Aussichtplattformen und die Promenade am Vortag noch überfüllt mit Selfiestickmenschen ist es jetzt wunderbar ruhig. Ich packe früh meine Sachen und sitze dort noch einige Stunden und habe den tosenden Gletscher im Morgenlicht ganz für mich allein. Erst ohne diesen Trubel kann ich diesen Eindruck voll genießen. Als die ersten Touristen wegen der 80km Anreise und der Öffnungszeiten des Parks erst um 10 Uhr ankommen mach ich mich glücklich auf den Rückweg.
In Calafate verzögert sich die Weiterreise, da ich nach einem kleinen Sturz noch eine abgerissene Gepäckträgerschraube ausbohren und ersetzen lassen muss. Dann geht es zurück in die Steppe und 230km zum nördlichen Teil des Nationalparks in El Chalten. Auch hier muss ich oft vor dem Wind kapitulieren und stundenlang warten.
Dadurch komme ich erst in der Dunkelheit in El Chalten an, werde mit Calafate-Crêpes aber sehr freundlich im warmen Casa de Ciclista aufgenommen. Die tolle Gastgeberin Flor bietet hier oft über 30 Radfahrern eine kostenlose Campingmöglichkeit in ihrem Garten. Abends wird gemeinsam gegrillt oder z.B. Pizza gemacht.
Nach etwas auskurieren gehe ich in „Argentiniens Trekkinghauptstadt“ am Fuße der berühmten Berge „Fitz“ Roy und „Cerro Torre“ auch noch einige Tage wandern. Diese liegen übrigens auch noch am Südpatagonischen Eisfeld, was mich schon seit dem Torres del Paine begleitet.
Bestes Wetter ermöglicht uns tagelang freie Sicht auf die 3000er die sonst meist in den Wolken hängen. Der klare Sonnenaufgang am nächsten Morgen am Fitz Roy hat mich am meisten beeindruckt.
Insgesamt kann einen die Region um el Chalten als Wanderer Wochen beschäftigen. So finde ich leider auch niemanden der den abgelegenen Huemul Rundweg direkt am Eisfeld gehen wollte (Youtube Video).
Über die grüne Grenze geht es dann zurück nach Chile und Villa O’Higgins.
Mein Fahrrad gebe ich bei der Fähre auf und wandere selbst um den Lago Desierto. Am nächsten Tag muss ich mich mit dem voll beladenen Rad aber 5 Stunden über einen schmalen Wanderweg über den Grenzpass kämpfen, bis ich endlich wieder in Chile bin.
Gute Gründe, wie der verpasste Huemul Rundweg, für eine Rückkehr nach Patagonien und Südamerika eines Tages häufen sich also mittlerweile. Nun sind immerhin schon 2,5 von ungefähr 6 Monaten rum und ich habe einfach nur das Gefühl das die Zeit rennt.
Ich bin auf meinem Weg auf Norden mit dem Rad deutllich langsamer als erwartet, weil ich deutlich mehr Zeit mit Wandern oder netten Leuten verbringe und es gar nicht so oft aufs Rad schaffe wie gedacht. Diese Freiheit genieße ich aber auch echt.
Wie könnte man denn so schöne Wandermöglichkeiten links liegen lassen ? Ich picke mir selbst im Moment nur die allerschönsten Stücke raus um Zeit zu sparen.
Um in der verbleibenden Zeit aber noch Peru und Bolivien sehen zu können plane ich im Moment einen großen Sprung durch Nordchile mit dem Bus.
Andreas 7. Februar 2016
Man reist ja nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen …. und wenn das Ganze dann mal bei Sonnenschein stattfindet und Berge sich aus den Wolken trauen – schön. Wind ist ja auf Fotos schwer abzubilden, aber nach diesem Training kannst Du auch gut auf Island und anderswo radeln.
Gute Fahrt, Andreas